Das Bild zeigt den Aktienkursverlauf des Euro Stoxx. Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob Aufsichtsräte aktiv kommunizieren sollten.

Bewegung in der Diskussion um die Kommunikation von Aufsichtsräten

Das prmagazin hat in seiner Juli-Ausgabe bei DAX-Unternehmen gefragt: Werden Aufsichtsräte in die Konzernkommunikation integriert oder werden sie ausgegrenzt? Der Ergebnis: mal so, mal so. Tendenz: Abstimmen ja, Integration eher nein.

Dabei scheint es auf den ersten Blick einfach: Aufsichtsräte unterliegen einer Treue- und Loyalitätspflicht gegenüber den von ihnen beaufsichtigten Unternehmen. Eigenständige Kommunikation, evtl. mit abweichenden Positionen, scheint da ausgeschlossen. Solange keine Probleme auftreten, wird das auch niemand von ihnen erwarten. Eine Pflicht zur Kommunikation gibt es nicht.

Was aber, wenn es zu Zielkonflikten kommt? Wenn allzu genaue und strenge Aufsicht „politisch“ nicht gewünscht ist. Wenn Aufsichtsräte im Interesse des Unternehmens gegen Vorstände agieren (müssten). Oder wenn die Interessen des Unternehmens, der Anteilseigner, Arbeitnehmer oder potenzieller Investoren auseinander gehen?

Spätestens dann müssen Organ- und Individualpflichten getrennt betrachtet werden. Und läuft es den Kontroll- und Überwachungsaufgaben nicht zuwider, wenn sich Vorstände und Aufsichtsräte allzu eng abstimmen? Wenn die Kommunikation der Aufsichtsräte gar über die Kommunikations- oder IR-Abteilung läuft?

Das Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) kommt in seinem Roundtable zu den zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren einer exzellenten Aufsicht an zentraler Stelle zum Ergebnis: „Ein exzellenter Aufsichtsrat öffnet sich der Kommunikation mit den wichtigen Investoren und in Sonderfällen auch mit anderen Stakeholdern des Unternehmens, soweit es um originäre Themen der Aufsicht geht.“ (von Werder 2017). Die Teilnehmer konstatieren einen spürbaren Wandel im Grundverständnis der Kompetenzordnung für die externe Unternehmenskommunikation. Insbesondere dem Vorsitzenden wird eine – mit dem Vorstand abgestimmte – eigene Rolle im Dialog mit bedeutenden Anteilseignern zugewiesen. Insofern scheinen das Abstimmen von Fall zu Fall sowie das Fehlen einer generellen Integrationsstrategie kein Defizit, sondern vielmehr adäquat zu sein.

Konkreter wird eine Studie der Universität Leipzig. Sie leitet aus dem gestiegenen Druck von außen und höheren Ansprüchen an eine transparente Unternehmensführung ebenfalls neue Kommunikationsaufgaben für den Aufsichtsrat ab. Sie gehen weit über die gesetzlichen Publizitätsmaßnahmen hinaus und berücksichtigen als externe Stakeholder auch Journalisten (Nieber 2017). Die befragten Experten sehen die Aufsichtsräte in einer aktiveren Rolle als bislang. Gleichwohl sprechen sie sich mehrheitlich für eine zurückhaltende und wohl dosierte Kommunikation aus, die auch mit der Kapitalmarktkommunikation des Vorstands abzustimmen ist. Für eine offensivere Variante plädiert dagegen Prof. Ruhwedel von der FOM Hochschule Essen. Er forderte von Aufsichtsräten schon 2013 eigene Kommunikationsstrategien (Ruhwedel & Weitzel 2013).

Die Forderungen bestätigen zentrale Befunde einer Befragung von Aufsichtsräten und Vorständen in DAX-30-, M-DAX- und S-DAX-Unternehmen durch die Hochschule Landshut. Bei der Frage, was den exzellenten Aufsichtsrat ausmacht, war der Handlungsbedarf bei den 26 untersuchten Kriterien am größten bei der persönlichen Unabhängigkeit, der Kritik- sowie Konfliktbereitschaft der Aufseher (Bürker 2017). Alle drei Punkte lassen sich an einer selbstbewussten Kommunikation nach innen und ggf. auch nach außen festmachen. Kurz: Haltung ist gefragt.

In welche Richtung die Entwicklung geht scheint sich abzuzeichnen, Regelungen stehen noch aus. Aber es wieder Bewegung in die Diskussion gekommen!

(Der Kommentar wurde als „Schlaglicht“ in der September-Ausgabe des PR Magazins veröffentlicht)